Plattentektonik: Indien war doch nicht isoliert - fossile Mücken in Bernstein sprechen für Faunaaustausch während der Drift - scinexx.de

2021-12-14 18:10:15 By : Tami Chew

Konventionelle Theorie widerlegt? Indien schien während seiner Drift nach Norden weniger isoliert zu sein als gedacht. Denn Forscher haben im indischen Bernstein 54 Millionen Jahre alte Mücken entdeckt, die damals auch in Europa und Asien gefunden wurden. Dies deutet darauf hin, dass es während der Drift Indiens tatsächlich einen Austausch von Fauna zwischen Indien und den anderen Landmassen gegeben hat, so die Forscher des Fachmagazins "PloS ONE".

Der indische Subkontinent ist schon weit gereist: Vor rund 130 Millionen Jahren gehörten Indien, die Antarktis und Australien zum südlichen Kontinent Gondwana. Dann brach Indien zusammen mit Madagaskar und den Seychellen ab und begann nach Norden abzudriften. Vor rund 80 Millionen Jahren trennten sich die beiden Inseln und Indien trieb mit Turbogeschwindigkeit Richtung Asien.

Aber wie isoliert war der indische Subkontinent auf dieser Nordwanderung? Nach der populären Theorie gab es mindestens 30 Millionen Jahre lang keinen Austausch mit anderen Landmassen - das könnte viele der einzigartigen Tiere und Pflanzen Indiens erklären. Forscher nennen diese Theorie daher das Modell der „biotischen Fähre“ – der Subkontinent brachte seine einzigartigen Bewohner wie eine Fähre nach Asien.

Es gibt aber auch eine konkurrierende Theorie: Sie geht davon aus, dass Indien während der langen Drift zeitweise immer wieder zugänglich war. Am Ende der Kreidezeit, vor etwa 65 Millionen Jahren, gab es einen Inselbogen, der den Oman mit einem Teil Pakistans und der Insel Dras verband. Im Eozän wanderten prähistorische Nashörner über eine Inselkette entlang des Tethys-Meeres von Europa nach Ostasien.

Frauke Stebner von der Universität Bonn und ihre Kollegen haben nun Hinweise darauf gefunden, welche Theorie im indischen Bernstein richtig ist. Der 54 Millionen Jahre alte Bernstein stammt aus Kohleflözen in der Nähe der indischen Stadt Surat. Paläontologen entdeckten in einigen der fossilen Brocken des Baumharzes winzige, gefangene Insekten.

Genauere Analysen ergaben, dass es sich um fossile Stechmücken handelt. Diese zweiflügeligen Mücken saugen Blut wie Mücken, und ihre Nachkommen sind noch heute bei uns verbreitet. Die Paläontologen verglichen 38 dieser in Bernstein eingeschlossenen Mücken mit Fossilien aus Europa und China. Ihre Frage: Sind es typisch indische Arten oder sind es Mücken, die damals auch anderswo verbreitet waren?

Das Ergebnis war eindeutig: 34 der 38 gefundenen Mückenarten kamen vor rund 50 Millionen Jahren auch in Asien oder Europa vor. „Alter und Verbreitung der Fossilien sprechen dagegen, dass diese Tiere alle ursprünglich aus Gondwana stammen“, berichten die Forscher. "Stattdessen muss es einen Austausch von Fauna zwischen Indien und Asien oder Europa gegeben haben, bevor der Bernstein gebildet wurde."

Indien war daher wahrscheinlich nicht so isoliert, wie die aktuelle Theorie vermuten lässt. Wie aber der Faunenaustausch damals genau ablief und auf welche Weise, ist bislang unklar. Theoretisch könnten die Mücken über eine Verlängerung der bereits bekannten Inselkette nach Indien gelangt sein. Es ist aber auch möglich, dass Indien früher mit dem Südrand Asiens kollidierte, als es manche Modelle vorgeben. (PLoS ONE, 2016; doi: 10.1371 / journal.pone.0169144)

(Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, 13.01.2017 - NPO)

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