Jungfrau Zeitung - So ist das beim Gastronomiepersonal

2021-12-14 18:09:18 By : Ms. Sophia Tong

"Wir haben große Schwierigkeiten, gute Fachkräfte zu finden", sagte der Präsident des Branchenverbandes GastroSuisse, Casimir Platzer, am Montag der Nachrichtenagentur AWP (diese Zeitung berichtete). Das Problem bestand schon vor der Krise, hat sich jetzt aber noch verschärft“, erklärte der Hotelier aus Kandersteg.

Die Direktion für Arbeit im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) hat wenig Verständnis für die Beschwerden aus der Gastronomie: Die Arbeitslosigkeit in der Gastronomie ist nach wie vor überdurchschnittlich hoch. Im Mai seien es rund neun Prozent gewesen, rund 16.000 Menschen aus dem Gastronomiebereich seien arbeitslos gewesen, sagte Seco-Direktor Boris Zürcher der Nachrichtenagentur AWP.

Ende Mai 1841 waren im Kanton Bern Personen aus dem Gastgewerbe arbeitslos gemeldet. Die Wirtschafts-, Energie- und Umweltdirektion des Kantons erklärte in ihrer Mitteilung zur Lage am Arbeitsmarkt, dass die Lockerung der Corona-Maßnahmen im Mai im Gastgewerbe zu einem starken Rückgang der Arbeitslosenzahlen geführt habe. 353 Personen haben einen Arbeitsplatz im Gastgewerbe gefunden, eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Vorjahr.

Trotzdem: Im Oberland wird Casimir Platzers Aussage weitgehend bestätigt, wie eine Umfrage dieser Zeitung unter Hotelmanagern ergab. „Wir hatten das Gefühl, dass es schon vor der Pandemie schwieriger wurde, Personal zu rekrutieren; aber jetzt hat sich der Fachkräftemangel verschärft“, sagt etwa Peter Kämpfer. Bisher wurden die gesuchten Spezialisten gefunden, aber die Suche gestaltet sich schwieriger», sagt der Direktor des Victoria-Jungfrau Grand Hotel & Spa in Interlaken aus seiner Erfahrung. Derzeit gibt es fünf bis sechs Stellen in Fünf-Sterne-Betrieben.

Wie Platzer stellte auch Peter Kämper fest, dass ein „schöner Teil“ der Belegschaft in den letzten Monaten in andere Branchen abgewandert sei. Der „Fünf-Sterne“-Regisseur zeigt Verständnis: „Die Leute mussten sich wegen der unvorhersehbaren Zeiten neu orientieren. Ob sie und wie viele von ihnen wiederkommen, ist im Moment völlig offen. „Fighter weist zudem darauf hin, dass nicht nur die Unternehmen in der Schweiz vom Personalmangel betroffen sind – auch in Italien und Deutschland ist das Phänomen besonders ausgeprägt.

Wie diese Zeitung berichtet, war das Victoria-Jungfrau Grand Hotel & Spa während des Lockdowns für rund fünf Monate geschlossen. Die Zeit wurde für Renovierungsarbeiten genutzt und das Personal „weiterbeschäftigt“. Die meisten der rund 220 Mitarbeiter seien in Kurzarbeit gegangen, einige konnten im Winterbetrieb des Konzerns eingesetzt werden und einige Bereiche, wie etwa der technische Dienst, hätten normal gearbeitet, berichtet Peter Kämpfer.

Der Hoteldirektor hat seit der Wiedereröffnung gute Geschäftsnachrichten: "Wir haben im April und Mai sehr gut gearbeitet", freut sich Kämpfer. Viele Gäste hätten sich über das Angebot „Essen mit Übernachtung“ gefreut. Problematischer ist die Planungsunsicherheit für die nächsten Monate, da in diesem Jahr eine Reihe von Veranstaltungen wie das Swiss Economic Forum und andere grosse Kongresse abgesagt werden.

„Ich sehe es genauso wie das Casimir“, sagt Jan Stiller. „Als renommiertes Unternehmen mit sehr guten Arbeitsbedingungen haben wir auch Schwierigkeiten, Fachkräfte zu rekrutieren“, sagt der Direktor des Lenkerhofs. Das Fünf-Sterne-Superior-Hotel beschäftigt im Sommer normalerweise 85 bis 100 Mitarbeiter. Derzeit seien bereits 100 Mitarbeiter beschäftigt, sagt Jan Stiller. „Aber wir konnten noch problemlos zehn bis 15 Leute rekrutieren, denn die Nachfrage ist unglaublich hoch und wir können mit all den anstehenden Aufgaben kaum Schritt halten.“

Gastro-Präsident Platzer sprach in den Medienberichten von einer „Katastrophe“ wegen des Personalmangels, beim Seco antwortete man, dass über neun Prozent arbeitslos seien – Jan Stiller sei dieser Ansatz zu einfach. «Die neun Prozent haben Recht, aber wo? - in Genf, in Basel, in Zürich - aber sicher nicht in den Bergen. Die Gastronomie-Mitarbeiter in den Städten haben Katzen und Hunde und Kinder und Frauen und vielleicht sogar ein Haus, daher ist es verständlich, dass sie sich nicht für einen Job mit Ortswechsel in den Bergen oder einem abgelegenen Tal interessieren“, erklärt Stiller.

Auch in Sachen Kurzarbeit stimmt der Lenkerhof-Direktor dem Gastro-Präsidenten zu. Platzer argumentierte, dass die Stadthotels, denen es immer noch nicht gut ginge, das Instrument der Kurzarbeit nutzten. Diese Mitarbeiter sind nicht auf dem Markt. Zudem hat wohl der ein oder andere nach dem vielen Monaten des Lockdowns die Perspektive verloren und die Branche verändert.

„Solange die Maßnahmen mit Kurzarbeit andauern, wird der Personalmangel außerhalb der Städte nicht gelindert“, ist Jan Stiller überzeugt. Natürlich versteht er die Unternehmen in der Stadt – sie wollen sich irgendwann wieder öffnen und auf die Mitarbeiter zählen können. "Und ja, er stellt auch fest, dass das Gastronomiepersonal die Branche verändert: "Mindestens drei Personen aus meinem Umfeld arbeiten an "Covid-Angelegenheiten" für den Kanton - in einer Impf- oder Teststelle oder an einer Hotline", sagt der Lenkerhof-Direktor. Auch diese Leute kann er verstehen, denn sie haben einen "8 bis 17-Job und wahrscheinlich noch mehr Lohn im Kanton".

Auch Daniel Siegenthaler bestätigt, dass der Personalmangel in den Städten weniger problematisch ist. Der Direktor des Hotels Freienhof in Thun und des Hotel Bern in der Bundeshauptstadt sagt, er könne "die Aussagen des Gastro-Präsidenten weder dementieren noch bestätigen". Die beiden Unternehmen seien in der „glücklichen Lage“, dass sie während des Lockdowns niemanden entlassen mussten und 100 Prozent der Löhne an die Mitarbeiter ausbezahlt wurden.

55 Mitarbeitende sind in Bern und 35 in Thun beschäftigt. „Wir mussten also abgesehen von der üblichen Fluktuation keine neuen Stellen neu besetzen. Deshalb kann ich die Aussage von Platzer in Bezug auf unseren Betrieb nicht bestätigen. „Andererseits ist die Problematik bei Saisongeschäften in den Bergen wohl anders als in den Städten“, sagt Siegenthaler mit Verweis auf Aussagen von Branchenkollegen. Aus seiner Sicht sei die Lage nicht „außergewöhnlich oder gar dramatisch, aber durchaus“ auch nicht einfach." Aber das ist bei guten Spezialisten schon seit Jahren so.

Das Hotel Bern war nur über die Weihnachtszeit geschlossen, der Freienhof in Thun von November bis Mitte April. In Bern lief das Geschäft Woche für Woche besser. «Das Hotel Bern war an Wochenenden und Feiertagen noch nie so gut frequentiert, und in Thun sind wir auch auf der Auffahrt sehr gut gestartet - die Welt dreht sich um», freut sich Doppelhoteldirektorin Siegenthaler.