Seit 50 Jahren Pflicht im Auto: Wie wichtig ist der Verbandskasten noch für den Ernstfall? | MDR JUMP

2022-04-21 08:09:55 By : Mr. Lester Choo

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Pflaster, Verbände, Handschuhe und Masken: Mit dem Inhalt des kleinen Kastens sollen bei einem Unfall Autofahrer sofort helfen können. Doch die sind schnell überfordert, wenn der Erste-Hilfe-Kurs zu lange zurückliegt.

In den meisten Autos liegen der kleine Kasten oder die Tasche mit dem auffälligen weißen Kreuz im Kofferraum oder stecken dort hinter einer Klappe. Die meisten Autofahrer nehmen nur den Verbandskasten in die Hand, um das Ablaufdatum zu prüfen. Die wenigsten wissen aber, welcher Inhalt im Kasten drin ist und wie der richtig genutzt wird. Das kann im Ernstfall zum Problem werden.

Anfang der 1970er war Autofahren im Vergleich zu heute sehr gefährlich. 1970 starben 19 193 Menschen im Straßenverkehr in Deutschland, bei knapp 14 Millionen Autos. Zum Vergleich: 2021 kamen 2569 Menschen bei Verkehrsunfällen in Deutschland ums Leben, bei etwa 59 Millionen angemeldeten Fahrzeugen. Krankenwagen brauchten damals lange, um einen Unfallort zu erreichen. Autofahrer sollten schneller als bisher Erste Hilfe leisten können. Daher führte der Gesetzgeber zum 1. Januar 1972 die Pflicht zum Mitführen eines „Kfz-Verbandkastens“ ein, wie die Box oder Tasche offiziell heißt. Die meisten Autofahrer sprechen dagegen vom „Verbandskasten“ mit einem „s“ in der Mitte. Seit 1972 muss jedes Auto nach Paragraf 35h der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) Erste-Hilfe-Material an Bord haben. Das ist in der der DIN 13164 festgelegt, die auf jedem Verbandskasten aufgedruckt ist.

Noch immer verletzen sich laut dem Statistischem Bundesamt jedes Jahr mehr als 320.000 Personen im Straßenverkehr. Für deren Erstversorgung spielt der schnell zu greifende Verbandskasten im Auto weiter eine ganz wichtige Rolle, finden Mediziner und Verkehrsexperten. Der Verbandskasten allein reicht aber nicht. Gerrit Reichel, Sprecher vom Automobil-Club Verkehr (ACV), sagte MDR JUMP:

Nur etwa jeder dritte Autofahrer in Deutschland würde laut Umfragen auch ohne zu zögern wirklich Hilfe leisten. Als Gründe nennen die meisten Menschen Angst vor eigenen Verletzungen sowie die Sorge, beim Helfen Fehler zu machen. Aus unserer Sicht ist gerade die eigene Unsicherheit ein Riesenproblem.

Wer bei einem Verkehrsunfall auf Verletzte treffe, aber nicht einmal die wichtigsten Grundkenntnisse etwa zur stabilen Seitenlage oder zur Schockbehandlung besitze, der könne auch nicht helfen. Der ACV-Sprecher spricht sich daher für eine gesetzliche Regelung für das Auffrischen des Erste-Hilfe-Kurses aus. Ähnlich sieht das Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung der Versicherer im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Er sagte der Nachrichtenagentur dpa:

Die richtige Benutzung hängt mit Kenntnissen der Ersten Hilfe zusammen. Wenn die nicht vorhanden sind, dann hilft der Verbandkasten wenig.

Zudem hält der Unfallforscher den Verbandskasten für zu überladen.

Erste Hilfe bezieht sich auf schwere Verletzungen wie offene Wunden, starke Blutungen, Herzstillstand oder Schock. Kleine Pflaster und Verbände sind dafür ungeeignet.

Vielmehr müssten Ersthelfer wissen, wie sie lebensgefährliche Wunden versorgen, wie ein Druckverband funktioniert und entsprechendes Material im Verbandskasten direkt finden. Kleine Verletzungen würden meist nicht am Unfallort behandelt, sondern später. Aus Sicht des Unfallsforschers schadet es nicht, einen Verbandskasten im Auto zu haben. Der bringe aber in seiner jetzigen Form zu wenig.

42 Einzelteile gehören zum Set, darunter Pflaster, Kompressen, sterile Produkte und Fixierbinden. Seit 1987 zählen Einmalhandschuhe zur Pflichtausstattung, seit 1998 eine Rettungsdecke. Seit 2014 müssen Verbandskästen Hautreinigungstücher beinhalten und seit Februar 2022 zwei Gesichtsmasken. Andreas Holthaus, Leiter des Fachbereichs Erste Hilfe beim Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) sagte dazu dpa:

Die Ergänzungen sollen die Hygiene erhöhen und die Ersthelfer schützen. Denn viele haben Sorge, sich bei einem Unfallopfer zu infizieren.

Die Bereitschaft, als Ersthelfer einzuspringen, soll dadurch erhöht werden. Wichtig ist, dass Autofahrer das Verfallsdatum beachten und den Verbandskasten nach fünf Jahren austauschen. Verschiedene Produkte haben wegen der im Auto herrschenden Temperaturschwankungen ein Verfallsdatum. Der alte Verbandskasten muss nicht entsorgt werden. Viele Autofahrer nutzen den auch bei kleinen Verletzungen zu Hause. Liegt das Verfallsdatum zurück oder fehlt er ganz, droht bei einer Fahrzeugkontrolle ein Bußgeld von bis zu zehn Euro. Marcel Mühlich vom Auto Club Europa (ACE) rät:

Am besten liegt das Erste-Hilfe-Set griffbereit im Innenraum. Dort kommen Autofahrer nach einem Unfall direkt ran.

Nach einem Heckaufprall bleibt der lebensrettende Kasten im Kofferraum hingegen eingeklemmt zwischen Warndreieck und Wagenheber.

Egal, ob Verkehrs- oder Badeunfall, ob ein Kollege im Büro einen Herzinfarkt erleidet oder zu Hause ein Unfall passiert ist: Was muss man über Erste Hilfe wissen, wenn man als Ersthelfer gefragt ist?

Eltern wollen möglichst alles dafür tun, dass ihre Kinder auf sämtlichen Wegen sicher ankommen. Das können Familien beispielsweise für die Schule schon zeitig üben.

Leuchtet die Service-Leuchte auf, wissen Autofahrer: In der Werkstatt des Vertrauens werden demnächst mehrere hundert Euro fällig. Wir klären mit dem Autopapst, worauf man bei Wartung und Inspektion verzichten kann.

Mit Material der Nachrichtenagentur dpa.

Dieses Thema im Programm MDR JUMP - Die Themen des Tages | 08. April 2022 | 19:10 Uhr

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