Wundversorgung: So behandeln Sie offene Verletzungen - NetDoktor

2022-04-21 08:08:01 By : Mr. tao zou

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor - zuerst als Redakteurin und seit 2012 als freie Autorin.

Andreas Fromm ist Fachautor für Notfallmedizin und lehrt seit 2018 als Dozent an der Berufsfachschule für Notfallsanitäter und -sanitäterinnen der Feuerwehr Hamburg.

Unter Wundversorgung versteht man das Reinigen, Verschließen und Pflegen einer offenen Verletzung. Gerade bei komplizierten Verletzungen oder schlechter Heilung ist ein sorgfältiges Wundmanagement sehr wichtig. Lesen Sie hier alles Wichtige über die Grundprinzipien der Wundversorgung, wie Sie selbst eine Wunde versorgen können und wann ein Arztbesuch ratsam ist.

Der Begriff Wundversorgung umfasst die Reinigung, das Verschließen und die Pflege von offenen Wunden. Bei solchen Wunden kann es sich sowohl um akute Verletzungen (wie Schnittwunden) als auch chronische Wunden (wie Druckgeschwüre bei bettlägerigen Patienten) handeln.

Als chronisch bezeichnet man Wunden, die länger als zwei bis drei Wochen bestehen.

Mediziner unterscheiden zwischen der primären und der sekundären Wundversorgung:

Darunter versteht man einen Wundverschluss innerhalb der ersten sechs Stunden nach der Verletzung. Manchmal genügt dafür ein Pflaster oder Gewebekleber, etwa bei Wunden an mechanisch wenig belasteten Hautarealen. In anderen Fällen muss die Wunde mittels Naht oder Klammern verschlossen werden.

In manchen Fällen ist keine primäre Wundversorgung möglich. Das gilt etwa, wenn eine Wunde entzündet (infiziert) ist oder es sich um eine chronische Wunde handelt, zum Beispiel Druckgeschwür (Dekubitus) oder diabetischer Fuß. Würde man eine solche Wunde nämlich direkt verschließen, könnten sich darin vorhandene Krankheitserreger leicht vermehren und eine schwere Infektion auslösen.

Daher bleibt eine solche Verletzung zunächst offen und wird regelmäßig gesäubert. Erst wenn die Wunde sauber ist (meist nach mehreren Tagen, manchmal aber auch erst nach Wochen), wird sie mit einer Naht verschlossen.

Bei der trockenen Wundbehandlung werden offene Wunden mit einer sterilen, trockenen Wundauflage abgedeckt. Bei schlecht heilenden Wunden sowie Brandwunden sind allerdings spezielle Auflagen sinnvoller, die das Wundareal feucht halten. Diese feuchte Wundversorgung (feuchte Wundbehandlung) wird auch moderne Wundversorgung genannt, weil dafür speziell gefertigte, in den letzten Jahren neu entwickelte Materialien verwendet werden.

Mehr über die verschiedenen Auflagen und ihre Anwendung lesen Sie im Beitrag Wundversorgung: Wundauflagen.

Den Anfang jeder Wundversorgung bildet die Erstversorgung der Wunde. Sie ist wichtig für die weitere Behandlung und eine gute Wundheilung.

Gerade bei kleineren Wunden kann die Erstversorgung auch von einem Laien vorgenommen werden, etwa von dem Patienten selbst oder von den Eltern (bei Kindern mit kleinen Wunden). In jedem Haushalt und Auto sollte dafür eine Hausapotheke beziehungsweise ein Notfallset griffbereit sein, und zwar mit folgendem Inhalt:

Bei der Erstversorgung einer blutenden Wunde geht es zunächst um die Blutstillung. Schwächere Blutungen können Sie stillen, indem Sie mehrere sterile Kompressen auf die Wunde auflegen und die Verletzung anschließend mit leichtem Druck mit einer Mullbinde umwickeln.

Ist die Blutung stärker, sollten Sie nach den ersten Umwicklungen mit der Mullbinde zusätzlich ein Verbandspäckchen über die Wunde legen und den Rest der Mullbinde straff darum wickeln (Druckverband). Der zusätzliche Druck kann die Blutgefäße komprimieren. Daneben ist es ratsam, das betroffene Körperteil hochzulagern. Lässt sich die Blutung auch dann nicht stillen, müssen Sie sofort einen Arzt rufen!

Früher wurde bei starken Blutungen aus arteriellen Blutgefäßen an Armen und Beinen empfohlen, die Extremität abzubinden, um die Blutung zu stoppen. Dabei besteht aber die Gefahr, dass man die abgebundene Gliedmaße komplett von der Blutversorgung abschneidet - das kann das Absterben von Gewebe zur Folge haben. Im schlimmsten Fall muss dann das betroffene Bein oder der betroffene Arm amputiert werden!

Daher wird das Abbinden von Wunden inzwischen nur noch dann empfohlen, wenn ein lebensbedrohlicher Blutverlust droht. Außerdem sollte es nach Möglichkeit nur von medizinischem Fachpersonal durchgeführt werden.

In Situationen, in denen eine chirurgische Blutstillung nur schwer möglich ist (etwa in der Militärmedizin), hat das Abbinden weiterhin einen hohen Stellenwert.

Bei einer oberflächlichen Verletzung ist eine primäre Wundversorgung angezeigt. Diese kann in der Regel der Haus- oder Kinderarzt übernehmen:

Zuerst untersucht der Mediziner die Wunde eingehend. Er prüft dabei unter anderem, wie tief die Verletzung ist. Dann beginnt er mit der Wundreinigung: Hierzu verwendet er für grobe Verschmutzungen zum Beispiel Kochsalzlösung und anschließend ein mildes Desinfektionsmittel, das nicht so stark brennt. Damit die Wunde gut verheilen kann, führt er nun die Wundränder durch Klammerpflaster oder spezielle Gewebekleber zusammen. Liegen dann die sauberen Wundränder aneinander, kann die Verletzung gut verheilen.

Stellt der Arzt bei der Wundbeurteilung fest, dass es sich um eine tiefe, komplexe Verletzung handelt, wird er bei der primären Wundversorgung folgendermaßen vorgehen:

Eine entzündete Wunde erfordert ebenso wie eine chronische Wunde eine sekundäre Wundversorgung. So lässt sich einer potenziell lebensbedrohlichen Wundinfektion vorbeugen:

Der Arzt reinigt zunächst die Wunde mit Kochsalzlösung und spült sie dann aus. Für diese Wundspülung verwendet er eine antiseptisch wirksame Lösung. Meist erfolgt auch ein sogenanntes Débridement: Der Arzt schneidet dabei infiziertes oder geschädigtes Gewebe vom Wundrand und aus der Tiefe der Wunde aus. Das beugt einer Wundinfektion vor und regt das verbleibende Gewebe zur Heilung an.

Der endgültige Wundverschluss erfolgt erst, wenn keine Infektion (mehr) vorliegt, und das neu gebildete Gewebe gesund aussieht.

Wurde eine Wunde bei der Erstversorgung verbunden, sollte der Verband frühestens nach 24 bis 48 Stunden gewechselt werden. Bei chronischen oder entzündeten Wunden sollte das ein Arzt oder das Pflegepersonal übernehmen. Bei kleineren Wunden können Sie selbst Hand anlegen. Was Sie dabei beachten sollten, erfahren Sie im Beitrag Wundversorgung: Verbandswechsel

Es gibt verschiedene Salben, welche die Wundheilung unterstützen können. Einige enthalten beispielsweise den Wirkstoff Dexpanthenol. Er fördert die Erneuerung der Hautschicht und spendet Feuchtigkeit. Mehr über Salben zur Wundversorgung und ihre richtige Anwendung lesen Sie im Beitrag Wundversorgung: Wund- und Heilsalbe.

Nach der Versorgung der Wunde sollten Sie einige Punkte beachten, um den Heilungsverlauf nicht zu stören:

Bei schlecht heilenden Wunden setzen Mediziner manchmal auf die Hilfe von Maden: Fliegenlarven werden in die Wunde eingebracht. Die daraus schlüpfenden Maden fressen abgestorbene Zellen und können so die Wundheilung fördern. Mehr über diese Therapieform lesen Sie im Beitrag Wundversorgung: Madentherapie.

Jede offene Wunde sollte fachgerecht versorgt werden. Bei kleineren Wunden können Sie das selbst übernehmen:

Eine Platzwunde ist eine oberflächliche Verletzung, die durch stumpfe direkte Gewalteinwirkung entsteht (etwa durch einen Sturz beim Radfahren, Skateboarden oder Klettern). Die Wundränder sind oft zerfetzt, was die Wundheilung beeinträchtigen kann. Mit der richtigen Wundversorgung können Sie dies verhindern. Mehr darüber erfahren Sie im Beitrag Wundversorgung: Platzwunde.

Schürfwunden sind - wie Platzwunden - häufige Verletzungen im Alltag und beim Sport. Sie entstehen, wenn die Haut über eine raue Oberfläche schrammt, beispielsweise über den Asphalt bei einem Fahrradsturz. So schmerzhaft solche Schürfwunden oft sind, meist sind sie nur sehr oberflächlich und harmlos. Dennoch sollte man sie richtig reinigen, desinfizieren und abdecken. Wie das geht, erfahren Sie im Beitrag Wundversorgung: Schürfwunde.

Kurz mit dem Küchenmesser abgerutscht und schon hat man sich in den Finger geschnitten! Oder man tritt beim Barfußlaufen in eine Glasscherbe. Handelt es sich um eine kleinere Schnittverletzung mit eng aneinander liegenden Wundrändern, können Sie die Wundversorgung problemlos selber übernehmen. Mehr darüber erfahren Sie im Beitrag Wundversorgung: Schnittwunde.

In folgenden Fällen sollten Sie zeitnah zum Arzt gehen, damit er eine professionelle Wundversorgung durchführen kann:

Das Ziel der Wundversorgung ist es, das Risiko für Infektionen und Wundheilungsstörungen zu verringern. Allerdings kann dabei - wie bei nahezu jeder medizinischen Therapie - etwas schiefgehen. Beispielsweise kann sich die Verletzung trotz Wundbehandlung infizieren. Das erkennt man an Schmerzen, Rötung, Schwellung und Eitersekretion im Wundbereich.

Außerdem können sich im Zuge der Wundheilung unschöne Narben bilden. In manchen Fällen wachsen diese überschießend und verursachen sogar Schmerzen (hypertrophe Narbe beziehungsweise Narbenkeloid).

Bei der chirurgischen Wundversorgung und dem Débridement besteht das Risiko, dass angrenzendes Gewebe, Nerven oder Blutgefäße verletzt werden.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor - zuerst als Redakteurin und seit 2012 als freie Autorin.

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